Die Digitalisierung schreitet auf allen Ebenen rasant voran und macht vor keiner Branche halt. Wir befinden uns in einer Phase exponentiellen Wachstums, die uns schrittweise an die technologische Singularität heranführt – jenen Punkt, an dem die Rechenleistung eines Computers der kollektiven Kapazität menschlicher Gehirne entspricht (vgl. Ray Kurzweil, The Singularity is Nearer).
Mit dieser Entwicklung steigt die Komplexität der Systeme, auf die wir uns zunehmend verlassen – häufig ohne sie noch vollständig zu verstehen oder kontrollieren zu können. Diese Abhängigkeit betrifft Individuen, Unternehmen und Staaten gleichermaßen und hat direkte Auswirkungen auf unsere zukünftige Handlungsfähigkeit. Der Ausfall des Zero-Trust-Netzwerkanbieters Cloudflare im vergangenen Jahr verdeutlichte eindrucksvoll, wie fragil unsere digitale Infrastruktur ist und wie schnell blindes Vertrauen in externe Dienste zum Risiko werden kann.
Eine Gegenbewegung hat sich bereits formiert: Offene Standards, Open Source und Enterprise Low Code gewinnen an Bedeutung und schaffen die Grundlage, um Europas digitale Souveränität schrittweise zurückzugewinnen. Organisationen wie die Linux Foundation und die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) bieten hierfür community-zentrierte Plattformen, auf denen moderne DevOps- und Cloud-Strategien kollaborativ weiterentwickelt werden.
„IT wird damit zum strategischen Enabler … Offene Standards und Open Source Software … reduzieren Abhängigkeit … und digitale Souveränität als Ausgangsbedingung einer Digital Leadership.“
(Paradigmenwechsel Low-Code)
Digitale Souveränität bezeichnet die Fähigkeit von Individuen, Organisationen und Staaten, ihre digitalen Systeme, Daten und Abhängigkeiten selbstbestimmt zu gestalten, zu kontrollieren und strategisch zu nutzen, unabhängig von externen technologischen oder wirtschaftlichen Zwängen.
Souveränität endet jedoch nicht mit der Standortwahl der Infrastruktur. Ein reiner On-Premise-Ansatz bedeutet nicht automatisch Unabhängigkeit, ebenso wenig wie die ausschließliche Nutzung proprietärer Cloud-Dienste. Beides kann neue Formen des Vendor-Lock-ins erzeugen. Veränderungen in Lizenzmodellen oder Firmenübernahmen, etwa im Fall VMware und Broadcom, zeigen, wie schnell sich strategische und wirtschaftliche Abhängigkeiten auf Kundenbeziehungen und Innovationsfähigkeit auswirken können.
Auch der alleinige Einsatz von Open-Source-Technologien garantiert keine dauerhafte Souveränität. Das Beispiel MinIO zeigt, wie sich Lizenzmodelle und Community-Politiken innerhalb kurzer Zeit verändern können. Ein ausgewogener Mix aus offenen Standards, geprüften Closed-Source-Komponenten und einer flexiblen, modularen Architektur ist daher essenziell, um langfristige Resilienz sicherzustellen.
Ein zentraler Baustein digitaler Souveränität ist Redundanz. Resiliente Architekturen ohne Single Point of Failure sowie Multi-Cloud-Strategien, die Migration und Datenportabilität ermöglichen, sind unerlässlich. Der jüngste Ausfall von AWS US-East-1 verdeutlichte die Relevanz solcher Maßnahmen, als ein einzelner Knotenpunkt zu flächendeckenden Störungen bei Web- und Smart-Home-Diensten führte.
Darüber hinaus ist der Abbau technischer und organisatorischer Schulden entscheidend. Veralteter, schwer wartbarer Code und proprietäres Wissen, das auf wenige Personen konzentriert ist, mindern die Innovationsgeschwindigkeit erheblich. Eine klare Governance-Struktur, systematische Risikoanalysen und gezielte Modernisierungsinitiativen – von der Stilllegung obsoleter Anwendungen bis hin zu Cloud-Migrationen – sind die Grundlage, um langfristig handlungsfähig zu bleiben.
Digitale Souveränität erfordert Transparenz, kritisches Denken und den Mut, etablierte Strukturen zu hinterfragen. Sie steht für den Übergang von Fremdbestimmung zu Selbstbestimmung – weg von starrer Perfektion hin zu iterativer Verbesserung. Nicht die 100-Prozent-Lösung ist entscheidend, sondern die kontinuierliche Weiterentwicklung mit klarem Zielbild und einem „Better done than perfect“-Mindset.
Wir bei Agitect verstehen digitale Souveränität als ganzheitliche Verantwortung. Als Verfechter einer Low-Code-Plattformstrategie und Partner von Mendix by Siemens unterstützen wir Unternehmen dabei, durch gezielte Anwendungsentwicklung unter konsequenter Harmonisierung von Business und IT die Zukunft in die eigene Hand zu nehmen, insbesondere bei kritischen und strategischen Applikationen. Ein fokussierter Start mit hoher Strahlkraft, messbarem ROI und überschaubarer Komplexität ist dabei der Schlüssel zu nachhaltiger digitaler Unabhängigkeit.
